Ein Abendessen im Jumpahom
Ist der Restaurantbesuch in Berlin etwas besonderes, gehört er hier zum Alltag. Bisher bestehen unsere Herbergen aus nicht mehr als drei Räumen, Zimmer, Bad und Balkon. Eine eigene Küche wird langsam erstrebenswert und früher oder später werden wir uns mal eine gönnen, doch zum jetzigen Zeitpunkt treibt es uns mehrmals täglich, immer wenn der kleine Hunger ruft in irgendein Restaurant, eine Garküche oder Bretterverhau, aus dem es nach Essen riecht. Um euch einen Einblick in unseren Alltag zu gewähren, versuche ich mich im Folgenden an einer beispielhaften Schilderung eines Abendessens unserer kleinen Rasselbande im Jumpahom. Um euch einzustimmen: hier der Link zum youtube-Mix, der uns bei allen Besuchen im Jumpahom erfreut hat (mit lieben Grüßen an Toni).
Es ist etwa 18 Uhr, Frau Ks Magen meldet sich und verlangt gesättigt zu werden. Da es nicht unser erster Abend in der Unterkunft am Haad Salad ist, haben wir einige Restaurants durchprobiert und es haben sich, neben der bequemen Variante des Unterkunft eigenen Restaurants, klare Favoriten herausgebildet. Wir essen nicht am Strand, sondern oben an der Straße. Dort müssen wir auf den Sonnenuntergang verzichten, dafür wartet das Ziel unseres Ausflugs mit anderen Qualitäten auf. Diesmal heißt das Ziel Jumpahom Restaurant. Gefunden haben wir es bei Tripadvisor, das uns bei der Suche nach etablierten Restaurants bisher eine gute Hilfe war.
Wir machen uns also langsam auf den Weg. Im Gepäck ein Kartenspiel, Malsachen und anderes Zeug um einen tendenziell übermüdeten Groß L zu beschäftigen. Klein I steckt im Tragetuch und schläft, wenn es gut läuft, noch eine Runde. Den Weg verbringen wir als unsere Alter-Egos, Kokosnuss, Mathilda, Oskar und kleines Stachelschwein-Baby. Wir sind auf Reisen um Abenteuer zu erleben und mit der Kreativität von Groß L wird selbst ein 15 minütiger Spaziergang zu einem Abenteuer.
Für uns ist Essen ein alltägliches Vergnügen und ein familäres Ritual. Viele gute Freundschaften von mir wurden vor dem Herd oder um den Esstisch zelebriert. Frau K und ich nutzen jede Gelegenheit um mit guten Essen einen besonderen Anlass zu feiern. Umso wichtiger ist es hier für uns, Orte zu finden an dem das Essen gut schmeckt und wir uns für die Dauer des Essens zu Hause fühlen können. Diesen Ort haben wir im Jumpahom gefunden. Die Besitzerin betreibt das Restaurant alleine und auf eine sehr eigenwillige Art und Weise. Nach Jahren als Kellnerin in einem der Strandrestaurants eröffnete sie vor drei Jahren das Jumpahom, da sie keine Lust mehr auf 12 Stunden-Schichten hatte. Seitdem entscheidet sie jeden Tag aufs neue, ob sie Lust auf Gäste hat oder lieber runter an den Strand kommt um Pool zu spielen. Wenn sie sich fürs Kochen entscheidet, tut sie dies mit Leidenschaft. Alle Speisen kocht sie frisch (wahrscheinlich auch, weil ihr Vorbereitung keinen Spass machen würde). Dafür muss man Zeit mitbringen, wenn man bei ihr essen möchte. In der ersten Nacht bei ihr kamen nach uns sechs weitere Gäste und alle wurden von ihr mit den Worten begrüßt: „If you’r hungry, you should go somewhere else. Me cooking slow!“ Diese Einstellung läd zum Verweilen ein und sorgt für eine eigene Intimität, die uns sehr zusagt.
Als wir ankommen ist das Restaurant erleuchtet, aber keine Menschenseele ist zu erkennen. Davon lassen wir uns als Wiederholungstäter*innen nicht mehr abschrecken und treten ein. Mit unserem Eintreten kommt die Besitzerin hinter der Bar hervor, hin und hergerissen, zwischen der Freude uns wieder zusehen und der Lust ihren Film weiter zu sehen. Sie entscheidet sich für die Freude und gemeinsam bauen wir uns ein gemütliches Kissenlager um einen der Tische. Während wir uns übers Menü beugen, startet die uns und vielleicht mittlerweile auch euch bekannte Playlist. Wir sind schnell entschieden, die Karte ist nicht groß und Groß L isst genau ein Gericht davon. Blumenkohl in Oystersauce mit Reis. Alle drei Mal. Nun verschwindet unsere Gastgeberin in der Küche und aus der Erfahrung wissen wir, dass sie nicht vor einer halben Stunde wieder raus kommen wird. Getränke werden nicht bestellt, stattdessen bedienen wir uns selbst am Kühlschrank. Die Wartezeit vertreiben wir uns mit MauMau spielen, in der Hängematte schaukeln, Turm aus Sitzkissen bauen, Jenga-Steine zu einer Pyramide stapeln, gigantische Lizzards betrachten, Fotos machen, Klein I stillen… Zwischendurch kommt ein kleiner Monsun-Regenschauer, der nur dank einer schnell herunter gezogenen Plane nicht das ganze Restaurant unter Wasser setzt. Dann kommt das Essen und alle sind für einen Moment ruhig. Klein I feiert ihre Reisparty, Groß L hantiert mit den Esstäbchen herum und Frau K stöhnt, ich schwitze vor Schärfe. Während wir unser Essen genießen, setzt sich die Besitzerin mit zu uns an den Tisch, Gäste erwartet sie heute nicht mehr. Ohne Kinder würden wir wohl noch länger sitzen bleiben, ein/zwei Bier mit ihr genießen und gemeinsam dieses „german Play“ – called Mau Mau spielen. So verabschieden wir uns jedoch bald und treten den Rückweg mit Taschenlampe an, ein weiteres Abenteuer. Ein Restaurantbesuch bei dem wir uns Zuhause fühlen. So viel wert, wenn das Zuhause so fern ist.
Peace. M