Ihr seid ja mutig! Oder?!?
Als wir Leuten im Vorhinein von unserem Vorhaben erzählt haben, gemeinsam mit den Kindern vier Monate auf Reisen zu gehen, habe ich folgende Aussage oder Spruch am öftesten gehört: „Ihr seid ja mutig!“ Sind wir das? Und was kann diese Aussage noch implizieren? Ohne irgendjemanden auf den Schlips treten zu wollen, habe ich in dieser kurzen Phrase oft „Seid ihr vollkommen verrückt?? Ich könnte das nicht…Ob das so eine gute Idee ist…“ rausgehört. Ich weiss, das ist das, was ICH gehört habe. Herr M hat oft etwas anderes gehört. Wie zum Beispiel: „Boah, das würde ich auch gerne machen.“ Es kommt also ganz auf den Empfänger an, was er da so hört. Und da ich eine schnelle Zweiflerin und bekennender Angsthase bin, wackelte diese Aussage oft an meiner Überzeugung, dass wir das Richtige tun. Ich bin mir sicher, niemand wollte mich wirklich verunsichern, das ist ja auch oft so eine Floskel, die man halt so sagt, wenn jemand was außergewöhnliches vorhat. „Wow, du warst Bungeejumpen? Mutig!“, „Mit Haien geschwommen? Krass mutig!“ Sowas halt. Ich hab trotzdem drüber gegrübelt. Sind wir wirklich mutig? Was kann denn passieren? Was machen wir, wenn etwas passiert? Was können wir tun, um für bestimmte Fälle vorbereitet zu sein? Was ist denn wirklich anders dort als Zuhause. Na klar, hatte und habe ich Ängste. Gerade um meine Kinder, eins davon noch nicht mal eins. Es wäre gelogen etwas anderes zu behaupten. Ich habe Angst, dass eine doofe Moskito sie sticht und mit Malaria infiziert. Ich habe Angst, dass sie einen Sonnenstich bekommen. Ich habe Angst, dass sie das Essen nicht vertragen. Ich habe Angst, dass die Fähre untergeht. Ich habe Angst, dass sie zuviel Smog einatmen. Ich habe Angst, dass sie sich verletzen und kein Krankenhaus in der Nähe ist. Ich habe Ängste, wie jedes anderes Elternteil auch. Aber möchte ich, dass mich diese Ängste leiten und Entscheidungen mittreffen? Zu einem gewissen Grad sind Ängste gesund, sie bewahren uns davor allzu Dummes zu tun. Aber in unserem Fall, wollte ich sie nicht die Überhand gewinnen lassen. Auch in Berlin lauern Gefahren, von dreckigen Spritzen auf Spielplätzen bis hin zu bekloppten Rasern auf einer Spielstraße. Ich vergewisserte mich außerdem, dass es andere Menschen gibt, die eine solche Reise mit Kindern bereits gemacht haben. Und jahaa, es gibt sie. Wir treffen sie gerade zuhauf in Reallife. 😉 Ich wühlte mich durch Reiseberichte und Tipps, Krankenhausbewertungen und Reiseapothekenempfehlungen (ich berichtete bereits von meiner Freundin). Meine Sorgen wurden zwar nicht kleiner, ich finde, dass müssen sie auch gar nicht. Sie dürfen ihren Raum haben. Aber ich konnte mit ihnen umgehen und die schönen Aspekte unseres Vorhabens überwogen. Und ich wurde….mutig. Und zwar mutig ohne dabei etwas negatives rauszuhören. Einfach mutig. Ich hatte Mut. Ich traute mich etwas zu wagen. Diese, unsere Reise. Wir sind jetzt über einen Monat unterwegs und ich fühle mich so bestätigt. Den Kindern geht es gut, wenn sie uns Eltern bei sich haben. Egal wo wir sind. Meine Ängste spielen hier keine große Rolle. Viel weniger zumindest als gedacht. Ich kreische natürlich trotzdem, wenn in unserer Freiluftdusche eine Froschparty stattfindet. Bin ich halt nicht so gewohnt, nech? Ich hoffe, das bleibt so. Also nicht das mit den Fröschen, sondern mein Mut. Und der Mut von Herrn M. Und von Groß L. Denn die sind mindestens genauso mutig, wenn nicht sogar ein bisschen mehr. Und ich entschuldige mich offiziell bei allen, denen ich einen genervten Blick geschenkt habe nach einem unschuldigen: „Mutig!“
Alles Liebe. K